#9 Jürgen Marcus: Welche Liebe kann uns zu einem neuen Leben verhelfen?

Shownotes

Der Schlagersänger Jürgen Marcus haut einen raus: Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben - ernsthaft? Ein großes Versprechen… Susanne und Arne nehmen das zum Anlass, mal darüber nachzudenken, welche Arten von Liebe es eigentlich gibt und wann sich daraus ein neues Lebensgefühl entwickeln kann. Mit dem neuen Traumprinzen oder der -prinzessin hat das für sie allerdings weniger tun.

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In dieser Folge von Change Poetry bringt Arne die Punchline eines Schlagers von Jürgen Marcus aus 1973 mit:

"Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben”

Gesprächsinhalte:

  • Zitat startet bei 0:50
  • Als Titel für einen Schlager genial getextet, nimmt alle mit
  • In Wirklichkeit ist es aber genau so nicht: Die Hoffnung, dass mit einem anderen Menschen das neue Leben da ist, wird sich wahrscheinlich nicht erfüllen
  • Vielmehr: Die Liebe zu einer neuen Idee, das eigene Ding finden, die innere Ausrichtung, der Nordstern… da schlummert etwas, das so etwas wie ein neues Lebensgefühl ermöglichen kann
  • Die Liebe zu sich selbst als Voraussetzung für die Liebe zu allem anderen, Menschen, Tätigkeiten…
  • Beispiel aus den USA: Kindergartenkinder haben Bücher über sich selbst gemacht, worin sie sich selbst, was sie können und warum sie einzigartig sind, dargestellt haben; frühes lieben lernen, wofür man selbst steht
  • Stolz auf sich selbst zu sein, kann wunderbar sein
  • Achtsamkeit: Ich bin ok
  • Sich rein entspannen in das, was man ist und wofür man gemocht wird
  • Selbstliebe lernen wir aber nicht wirklich, die Gesellschaft und unsere Kultur verbindet damit zunächst bestimmte Leistungen, die von außen definiert und erwartet werden; man ist nur ok, wenn man sich in diesen Aufgaben beweist
  • Im mittleren Alter merken viele erst, dass sie vieles getan haben, was sie selbst gar nicht sind
  • Der Songtitel hat so was Externes: Da draußen ist jemand, der soll dann alles für mich regeln
  • Wenn ich mit mir in Resonanz bin, kann ich ganz viele Varianten ausprobieren, in Kontakt zu sein mit anderen und empfinde neue Episoden von mir
  • Da ist das Thema Wachstum drin: Ein Schritt weiter, sich ausprobieren, Mut fassen - wenn ich mich geliebt und gesehen fühle, kann ich diese Schritte gehen und was Neues in die Welt bringen
  • Damit verbunden: Aufbruch, Neues, ein Abgleich mit einem selbst - das kann zu etwas neuem im Leben führen, nicht zu dem neuen Leben
  • Auch in der systemischen Beratung geht es um Anschlussfähigkeit an bereits Vorhandenem; Der totale Cut und Neustart macht keinen Sinn
  • Diese Zeile kann eine Bewegung hin zu etwas Neuem und Schönen darstellen, jenseit von der Banalität des Schlagers
  • Je vielschichtiger ich mich erkenne, desto vielschichtiger kann ich mich auch ausleben

Jürgen Marcus bei wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Marcus

Transkript anzeigen

00:00:00: [Musik]

00:00:06: Change Poetry.

00:00:08: Herzlich willkommen. Wir sind Susanne Backer und Arne Bremer.

00:00:12: Wir erkunden hier Fundstücke aus Gedichten, Filmen und Musik.

00:00:16: Wenn Worte uns in Bewegung bringen, kann das der erste Impuls für Veränderung sein.

00:00:21: [Musik]

00:00:29: Ich bringe heute was mit.

00:00:31: Das stammt aus einem Song.

00:00:34: Ich freue mich so, weil ich darf mich überraschen lassen von dir heute.

00:00:38: Von einem Song, das finde ich super. Haben wir lange nicht gehabt.

00:00:42: Jürgen Markus, 1973.

00:00:47: Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben.

00:00:52: [Musik]

00:01:02: Hast du dazu schon gefeiert?

00:01:04: Nee, ehrlich gesagt nicht.

00:01:08: Ganz ehrlich, ich erinnere mich nicht mehr an das Lied.

00:01:11: Abgefahren, das ist doch dieser Gassenhauer, dieser Schlager.

00:01:15: Das kann sein, aber das ist für mich irgendwie aus den 70er Jahren.

00:01:20: Das ist doch ein 70er. Läuft auf jeder Schlagerparty?

00:01:25: Ich bin ja nicht auf Schlagerpartys.

00:01:27: Damals haben meine Eltern eher so aber und Bonnie M. gehört.

00:01:32: Auch nicht schlecht.

00:01:34: Also das Lied, wir mussten es ehrlich zugeben, es ist etwas unangenehm, aber ich kenne es nicht.

00:01:40: Überhaupt nicht, es ist umso interessanter.

00:01:43: Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben.

00:01:49: Ich finde das erstmal als Titel für ein Song und als das schmissige Bild für einen schmissigen Schlager,

00:02:02: dass möglichst viele Leute mitreißen soll und in eine bestimmte Stimmung bringen soll.

00:02:07: Finde ich so genial getextet.

00:02:09: Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben.

00:02:12: Was einmal war, ist vergessen und lange her.

00:02:16: Es ist dieses Gefühl, dass in eine Zeile gepackt wurde, finde ich.

00:02:23: Das nächste, was ich damit verbinde, warum ich das erwähntsfähigte finde,

00:02:31: ist, dass auf der anderen Seite es natürlich genauso nicht ist.

00:02:35: Wenn wir auf den Text schauen, dann beinhaltet der dieses ganze Thema.

00:02:45: Wenn der richtige Mensch endlich um die Ecke kommt, dann wird bei mir alles gut.

00:02:51: Die totale Projektion, so ein anderes Beispiel, ist hier in meinem Leben ist alles doof.

00:02:58: Ich gehe auf die Philippinen, mach dann Strandcafé auf und dann ist alles super.

00:03:03: Es wird nicht passieren, dass dann alles super ist.

00:03:07: Und wenn die Vorstellung da ist, so geht es mir jedenfalls.

00:03:14: Es muss nur die richtige Person kommen, endlich in meinem Leben erscheinen, die totale Einigkeit.

00:03:20: Und dann gibt es die super Beziehung und dann ist alles toll.

00:03:24: Das ist das neue Leben da, sagt dieser Text, sagt Jürgen Markus.

00:03:28: Dann funktioniert das für mich nicht.

00:03:31: Das funktioniert gar nicht, bin ich mir auch sehr sicher.

00:03:35: Und dann gibt es noch was Drittes. Darum geht es mir eigentlich.

00:03:42: Das, was so toll beschrieben ist, hat für mich wiederum totale Relevanz, wenn es nicht darum geht,

00:03:51: dass man endlich Traumprinz oder die Prinzessin findet,

00:03:55: sondern die Liebe für etwas im Leben, das einen so erfüllt, dass es einen voranträgt

00:04:06: und vielleicht wirklich irgendwie zu einem neuen Lebensgefühl verhelfen kann.

00:04:12: Das eigene Ding finden, die eine Idee.

00:04:18: Das kann so etwas auslösen, dass man sich völlig neu ausrichtet,

00:04:26: dass man wie bei Anna Marionette die Fäden gestraft bekommt und Lebensenergie bekommt

00:04:33: und sich auf den Weg machen kann und happy dabei sein kann, wenn man dies eine Ding gefunden hat.

00:04:42: Abstrahiert ist es vielleicht so, dieses ganze Nordstern-Thema und so, die Ausrichtung gefunden im eigenen Leben,

00:04:49: kann aber auch was banaleres und konkreteres sein.

00:04:52: Und das, finde ich, kann so ein Gefühl ergeben.

00:04:56: Es gibt hier Menschen sagen, dass nichts schöner ist, als die Liebe zu sich selbst zu finden.

00:05:04: Von da damit hängt zusammen der Nordstern und das ganze Wofür bin ich eigentlich hier

00:05:11: und wie schaffe ich es mich für mich und meine Bedürfnisse einzusetzen.

00:05:16: Das ist eigentlich die große Liebe von der aus, dann alle anderen Lieben, die es gibt im Leben,

00:05:22: für Dinge, für Taten, für Menschen, um davon getragen wird.

00:05:27: Es fällt mir jetzt gerade ein zu dem Thema Selbstliebe. Ich habe mal irgendwo eine Dokumentation

00:05:34: über Schulsystem und Kindergarten in Amerika gesehen und da gab es einen Ausschnitt in einem Kindergarten,

00:05:41: wo diese vier, fünfjährigen, die hatten so kleine Bücher über sich selbst gemacht

00:05:49: und die sind aufgestanden und haben gesagt, "Hi, my name is ... I am a stand for."

00:05:57: Also ich stehe da unterführen. Ich bin das und ich mache das und ich liebe dies

00:06:02: und ich dachte nur, oh mein Gott, ist das herzarbeiten zu sehen,

00:06:07: dass die ganz früh lernt, das, was sie sind, zu lieben und stolz drauf zu sein

00:06:15: und zu teilen mit anderen auch. Wer bin ich? Ich bin so, ich bin ganz anders als du

00:06:20: und das ist total cool, weil ich habe diese und jede Eigenschaft.

00:06:24: Ich fühle mich gerade ein zum Thema Selbstliebe und für sich selber, allein auch stolz.

00:06:29: Es kann auch so schön sein, einfach so super cool zu finden, wer man ist.

00:06:35: Ich bin okay.

00:06:37: Ja, es gibt ja auch so in der Achtsamkeit das Thema, ich bin okay,

00:06:44: ich bin genug so wie ich bin.

00:06:47: Ich brauche gar nicht mehr sein als das ...

00:06:50: dass ich bin und ich habe auch um mich rum genug Menschen, die mich schätzen, so wie ich bin.

00:06:59: Und darin kann ich mich irgendwie rein entspannen und wachsen.

00:07:05: Und wir haben doch jetzt dieses Hamsterrad, ich habe genug überhaupt nicht.

00:07:10: Wir müssen ganz schnell laufen, ganz viel schaffen und dann Geld verdienen.

00:07:13: Und dann kann ich sagen, ich habe jetzt das Haus gekauft.

00:07:16: Und dann bin ich auch wer.

00:07:20: Warum tun sich da so viele mit schwer?

00:07:24: Wie ja alle irgendwie mit der Selbstliebe?

00:07:28: Sie ist in unserer Gesellschaft irgendwie überhaupt nicht verankert.

00:07:35: Wir haben eigentlich eher sowas gelernt, glaube ich, dass wir nur Überleistung uns definieren.

00:07:45: Also über anerkannte Leistungen in der Gesellschaft kriegen wir, sagen wir mal, eine Daseinsberechtigung.

00:07:52: Und dann geht es los in dem Weg, der teilweise vorgeschrieben ist oder wo es Möglichkeiten gibt.

00:07:59: Immer wieder sich zu beweisen, belohnt zu werden und dann zu merken, das ist okay, wie ich bin.

00:08:06: Und es ist weniger uns in unserer Kultur gegeben, von uns selber auszugehen.

00:08:14: Erst mal zu schauen, wer wir sind, das für gegeben und auch liebenswert zu halten und von dort zu gucken,

00:08:20: was braucht eigentlich dieses Flänzchen, um zu wachsen.

00:08:23: Und ich glaube, dann passiert es vielen Menschen so, dass sie im mittleren Alter plötzlich merken,

00:08:28: warte mal, ich habe hier irgendwie ein paar Dinge getan, die waren eigentlich gar nicht so passend für mich.

00:08:35: Genau, und dann suchen viele erst häufig in einem fortgeschrittenen Alter nach diesem Kontakt zu sich selbst und der Liebe zu sich selbst.

00:08:47: Schade eigentlich, ne?

00:08:49: Und das ist ja genau das Gegenteil, was du gerade beschrieben hast mit der Selbstliebe,

00:08:56: von dem, was dieser Schlager wahrscheinlich zuallererst ausdrückt.

00:09:01: Da geht es um die Liebe zu jemand anderem, was ja auch toll ist.

00:09:05: Aber für mich ja, wie beschrieben beinhaltend, dass man das Glück so sehr bei jemand anderem sucht,

00:09:15: Projektionsstadt findet und alles, was man irgendwie selber an Lücken hat, da versucht aufzufüllen, was wahrscheinlich eben nicht klappen wird.

00:09:25: Ich weiß nicht, ich finde auch ehrlich gesagt, es hat mich erst total irgendwie super negativ berührt,

00:09:33: weil dieses eine neue Liebe ist wie ein neues Leben, es hatte so etwas externes.

00:09:39: Also so ist es.

00:09:41: Genau.

00:09:42: Also so etwas wie da findet man da draußen die neue Liebe und die regelt das, was du auch meintest, für einen.

00:09:49: Jetzt so, wo wir gerade sind mit der Betrachtung, bin ich an einem Punkt, den finde ich total schön.

00:10:01: Also es ist ne, was ist das jetzt?

00:10:05: Wir sind jetzt angekommen bei dem, wenn ich eigentlich in dem Kontakt mit mir selber bin.

00:10:10: Also eigentlich am Ende kommt alles immer wieder darauf hin aus,

00:10:13: wenn ich mit mir in Resonanz bin, kann ich ganz viele Varianten ausprobieren in Kontakt zu sein mit anderen

00:10:20: und dann empfinde ich das vielleicht wie einfach eine neue Episode, die unglaublich berührend ist für mich.

00:10:30: Und es ist Wachstum.

00:10:32: Also für mich ist da das Thema Wachstum drin.

00:10:34: Wenn ich merke, ich kann da nochmal ein Schrittchen weitergehen, nochmal neu ausprobieren,

00:10:38: vielleicht auch über eine Grenze gehen, was mir peinlich war oder wo ich dachte, das schaffe ich nicht,

00:10:46: das kann ich Mut fassen, da natürlich Liebe auch viel mitzutun.

00:10:50: Wenn ich mich geliebt und gesehen fühle, traue ich mich auch, Schritte zu gehen, die ich sonst nicht gegangen wäre.

00:10:57: Und das führt wieder dazu, dass ich mich selbst auf eine neue Art erlebe und spüre und etwas Neues in die Welt bringe.

00:11:05: Das, was du jetzt sagtest, ist für mich auch verbunden mit Aufbruch, neuem, irgendwas Tollem, was wartet, was zu erleben ist.

00:11:18: Ein Abgleich mit einem selbst.

00:11:22: Und dann kann das tatsächlich so etwas führen wie etwas Neuem im Leben, nicht dem Neuem Leben und das Alte ist vorbei.

00:11:32: Das Systemische Beratung spricht man auch immer von Anschlussfähigkeit.

00:11:38: Es ist also auch unter dem Aspekt Quatsch ein totalen Cut machen zu wollen und mit dem Alten nichts mehr zu tun.

00:11:46: Und das Neue ist völlig neu, man ist neuer Mensch, nein.

00:11:49: Das ist es alles nicht und es ist auch nicht der neue Riesen-Fernseher.

00:11:52: Ich brauche den neuen Job, ich brauche den und den Menschen, dann wird alles gut.

00:11:57: Sondern der Reiz sich auf den Weg zu begeben, der ganz viel mit einem selbst zu tun hat, aber eben eine Bewegung nach vorne darstellt, irgendwo zu etwas Neuem hin.

00:12:12: Das kann ich jenseits von der Banilität des Schlagers hier auch ausziehen und das ist für mich irgendwie was Schönes, was hier in eine Zeile gepackt wurde.

00:12:22: Ja, echt eine interessante Bewegung dieses Gespräch, da war wirklich am Anfang ein bisschen, wusste nicht, was ich dazu denken oder wahrnehmen sollte.

00:12:37: Und ich merke jetzt auch noch mal, das Thema ist tatsächlich für mich auch, je vielschichtiger und tiefer die Dimensionen sind, die ich in mir selber lerne,

00:12:47: also erfahre oder wahrnehme oder erforsche, desto mehr und vielfältiger kann ich auch in einem Außenkontakt Neues erleben.

00:12:58: Und das ist die spannende Reise für mich, was von so einem Schlagertext aus alles entstehen kann.

00:13:08: Arne, danke dir für diese Zeile.

00:13:11: Ja, danke, dass du diese innere Reise jetzt mit mir hier gemacht hast und oh Gott, was soll das denn? Es ist ja furchtbar, bis hinzu.

00:13:21: Vielleicht auch noch was drin.

00:13:24: Ja, herrlich, vielen Dank fürs Zuhören. Wir schließen an dieser Stelle.

00:13:29: Und sagen, ja, bis zum nächsten Mal.

00:13:32: Bis dann. Tschüss.

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