#22 Henry David Thoreau: Feierst du den Beat der anderen – oder strengt er dich an?

Shownotes

Wenn wir gemeinsam etwas bewirken wollen, versuchen wir oft, das durch Angleichung aneinander zu erreichen. Wir schauen drauf, dass alle möglichst gleichmäßig arbeiten und keiner "quer schlägt" - damit wir effizient ans Ziel kommen… denken wir. Doch das kann manchmal sehr anstrengend sein, denn wir wenden Kraft auf, um uns irgendwie zu verbiegen. Und leider funktioniert das häufig nicht, weil wir Menschen nun einmal sehr unterschiedlich sind. Und alle haben ihren eigenen Beat. Das Zitat nach Henry David Thoreau in dieser Folge thematisiert genau das - und hilft dabei, die Unterschiedlichkeit von Menschen wahr- und anzunehmen. Was wiederum die Grundlage für Vielfalt und das Ausschöpfen von Potentialen ist. Befreiende Worte für jede Debatte über das Anderssein und über Ausgrenzung. Und weitergedacht, eine Chance für kreative Entwicklungsprozesse. Hol Dir in dieser Folge New Work, Diversity und Konstruktivismus aus dem Jahre 1854!

Über CHANGE POETRY: Susanne Backer und Arne Bremer überraschen sich wechselseitig mit Fundstücken aus Gedichten, Reden, Filmen und Musik. Sie testen, was passiert, wenn man diese Worte zum ersten Mal hört. Bringen sie uns in Bewegung? Ein Spaß für alle, die auf spannende Zitate stehen und Inspiration für Lebens- und Changethemen suchen. Du hast ein tolles Zitat oder eine Anmerkung? Schreib an post@change-poetry.de.

In dieser Folge von Change Poetry bringt Arne ein Zitat nach dem amerikanischen Fabrikanten, Schriftsteller und Philosophen Henry David Thoreau (1817-1862) aus dem 19. Jhd. mit, das er etwas modernisiert und “entmilitarisiert” hat:

“Wenn ein Mensch nicht Schritt mit den anderen hält, dann vielleicht deshalb, weil er einen anderen Trommler hört. Lasst ihn zu der Musik gehen, die er hört, in welchem Takt und wie fern sie auch sei.”

Das Originalzitat lautet: „Wozu diese verzweifelte Jagd nach Erfolg, noch dazu in so waghalsigen Unternehmungen? Wenn ein Mann nicht (Gleich-) Schritt mit seinen Kameraden hält, dann vielleicht deshalb, weil er einen anderen Trommler hört. Lasst ihn zu der Musik marschieren, die er hört, in welchem Takt und wie fern sie auch sei. Es ist nicht wichtig, dass ein Mensch so schnell reift wie ein Apfelbaum oder eine Eiche. Soll er denn seinen Frühling zum Sommer machen?“

Gesprächsinhalte:

  • Angepasstes Zitat bei 02:27
  • Originalzitat bei 03:55
  • Das Zitat stammt aus Thoreaus berühmtem Buch “Walden oder das Leben in den Wäldern”, geschrieben im Jahr 1854, unter Aussteigern bis heute ein Kultbuch.
  • Für Arne dockt das Zitat an die Folge Nr. 17 an, “Gloria Gaynor”, in der es um den Song “I am what I am” mit diesem Zitat ging: "I bang my own drum. Some think it's noise, I think it′s pretty!" Der eigene Sound, die eigene Trommel steht für das, was uns selbst ausmacht und was wir nach außen tragen.
  • Das Thoreau-Zitat ergänzt dies mit dem Blick auf die Trommel der anderen. Susanne nimmt besonders den Flow des Rhythmus´ wahr, den wir schon in Folge 19 besprochen haben, in der es um die Magie der kleinen Schritte geht.
  • Im Machen geht es um eine Art meditativen Flow, bei dem es nicht um jeden einzelnen Schritt, sondern um das gesamte Fließen der Bewegung geht, die uns ausmacht.
  • Spannende, achtsame Haltung: Die Wahrnehmung, dass es ganz unterschiedliche Rhythmen gibt.
  • Der Hinweis auf die eigene Trommel in uns und den eigenen Beat ist großartig.
  • Susanne findet Thoreau absolut anschlussfähig mit New Work und der agilen Arbeitsweise. Weg vom Gleichschritt, hin zur Eigenverantwortung und dem eigenen Arbeitstempo. Die New Work Bewegung wurde begründet durch den Philosophen Frithjof Bergmann, der in den 1970er Jahren in den USA jungen Menschen aus der Perspektivlosigkeit half, indem er sie ihre ganz eigene, innere Stimme finden ließ und sie unterstützte, eigene Projekte zu verfolgen.
  • Die Vorstellung, dass jeder nach seinem eigenen Rhythmus arbeiten kann, ist ein New-Work-Gedanke, ausgedrückt etwa durch “Talent vor Titel”.
  • Wenn jeder nach seinem Beat arbeiten kann, wird er das Beste hervorbringen. Eintakten von allen gleichmäßig ist old school.
  • Hoffnungsschimmer, dass es schon immer Menschen gab, die das wahrgenommen haben.
  • Dafür braucht man das unvoreingenommene Interesse daran, wie der Beat von anderen Menschen klingt.
  • Zuhören ist nach Otto Scharmer (Theory U, MIT) Voraussetzung für Leadership.
  • Das Interesse am Beat des anderen und die unbewertete Anerkennung seiner Wirklichkeitskonstruktion ist ein wesentlicher Bestandteil von Konstruktivismus und Systemtheorie.
  • Wo gibt es Resonanzräume, wo die Beats von Menschen sich ergänzen und etwas Größeres ergeben.
  • Zitat spricht gegen Rassismus und Ausgrenzung. Die Schönheit ergibt sich durch Unterschiedlichkeit.
  • Zitat hat eine weite, öffnende Geste, fast mahnend. Lasst jeden so spielen, wie er möchte.
  • Bogen zu Gloria Gaynor ist sehr spannend, besonders weil er den Blick noch einmal ausweitet auf “die anderen”.
  • Zitat kann einen in gute Laune versetzen und dazu motivieren, neugierig rauszugehen, um den Groove von anderen Menschen kennenzulernen.

Henry David Thoreau bei wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Henry_David_Thoreau

Das Buch "Walden" bei wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Walden

Frithjof Bergmann und New Work bei wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Frithjof_Bergmann

Transkript anzeigen

00:00:00: * Musik *

00:00:06: Change poetry.

00:00:07: Herzlich willkommen. Wir sind Susanne Backer und Arne Bremer.

00:00:11: Wir erkunden hier Fundstücke aus Gedichten, Filmen und Musik.

00:00:15: Wenn Worte uns in Bewegung bringen,

00:00:17: kann das der erste Impuls für Veränderung sein.

00:00:21: * Musik *

00:00:27: Es kommt mir so vor, als hätten wir ganz lange nicht gepopcastet.

00:00:31: Ich freu mich. - Ich freu mich auch.

00:00:33: Es ist auf jeden Fall wieder Zeit. Es geht los.

00:00:36: Ich bin jetzt auch ein bisschen aufgeregt,

00:00:38: aber ich muss ja auch heute gar nichts vorstellen, weil ...

00:00:42: Ich bring dir was mit. - Yes.

00:00:43: Und es ist so, ich bin leider schon wieder in Experimentier-Laune.

00:00:48: Ich will mal was versuchen, was wir so bisher noch nicht gemacht haben.

00:00:54: Hast du Lust auf ein kleines Experiment? - Ich liebe Experimente.

00:00:59: Okay.

00:01:00: Die Idee ist, dass wir heute etwas erleben,

00:01:03: das andockt an einer schon von uns gemachte Change Poetry Folge.

00:01:08: Also sprich, ich würde gerne ein Zitat mitbringen,

00:01:11: dass für mich so eine Art Weiterdreh ist,

00:01:14: so eine Ergänzung vielleicht für ein schon von uns verwendetes Zitat.

00:01:18: Das ist die Idee. - Yes. Hau raus.

00:01:20: Okay. Womit soll ich starten?

00:01:23: Mit dem neuen oder zunächst einmal die Referenz an dich denke?

00:01:26: Hm. Mit dem neuen.

00:01:29: Gut, super. Okay, hier kommt er.

00:01:32: Es ist ein Zitat nach Henry David Thoreau.

00:01:37: Der lebte vor langer Zeit, 1817 bis 1862,

00:01:43: ein amerikanischer Schriftsteller.

00:01:45: Das Zitat ist von mir ein ganz bisschen modernisiert worden,

00:01:50: weil es im Original kann man bei uns auch in den Show-Notes

00:01:54: gerne nachlesen, so ein kleines bisschen aus der Zeit gefallen wirkt

00:01:58: und fast schon ein, ich würde mal sagen, militärischem Touch hat.

00:02:01: Deswegen dachte ich, nee, das geht in dieser Zeit nicht.

00:02:05: Ich habe es mir so ein kleines bisschen zurechtgelegt.

00:02:08: Deswegen sage ich, es ist ein Zitat nach Henry David Thoreau.

00:02:11: Es stammt aus seinem, ich glaube, berühmtesten Werk,

00:02:15: das Buch "Walden" mit dem Untertitel "Oder das Leben in den Wäldern".

00:02:21: Hier kommt das Zitat.

00:02:23: Dann gibt es gleich noch ein bisschen Kontext.

00:02:26: Wenn ein Mensch nicht Schritt mit den anderen hält,

00:02:30: dann vielleicht deshalb, weil er einen anderen Trommler hört.

00:02:35: Lasst ihn zu der Musik gehen, die er hört.

00:02:39: In welchem Takt und wie fern sie auch sei.

00:02:43: Ich mache einfach normal.

00:02:47: Wenn ein Mensch nicht Schritt mit den anderen hält,

00:02:51: dann vielleicht deshalb, weil er einen anderen Trommler hört.

00:02:55: Lasst ihn zu der Musik gehen, die er hört.

00:02:59: In welchem Takt und wie fern sie auch sei.

00:03:02: Unglaublich schön, meine Güte.

00:03:06: Das kommt eben aus dem Jahr 1854.

00:03:10: Sein Buch "Walden", das ist ein Kultbuch,

00:03:14: das ist eine Art Aussteiger-Bibel.

00:03:17: Thoreau beschreibt darin, wie er sehr asketisch und zurückgezogen

00:03:21: in einer Hütte im Wald lebt.

00:03:23: Und er hat sich dahin begeben, um zu einem sehr tiefen Verständnis

00:03:27: über das Leben zu gelangen.

00:03:30: Also ein ganz bisschen vielleicht wie "Into the Wild",

00:03:33: das berühmte Buch und die Geschichte von John Krakauer,

00:03:36: aber ohne das Drama und den Bruch mit der Zivilisation.

00:03:40: Ich kann jetzt nichts dagegen tun.

00:03:43: Ich habe das Gefühl, ich würde gerne die Originalversion hören.

00:03:47: Okay, sehr gerne.

00:03:49: Das Original-Zitat hört sich so an.

00:03:52: Wenn ein Mann nicht Gleichschritt mit seinen Kameraden hält,

00:03:57: dann vielleicht deshalb, weil er einen anderen Trommler hört.

00:04:02: Lasst ihn zu der Musik marschieren, die er hört.

00:04:06: In welchem Takt und wie fern sie auch sei?

00:04:10: Jetzt verstehe ich, was du meinst.

00:04:13: Da ist also ein Mann, früher ging es natürlich um Männer,

00:04:18: weniger um Frauen ist, so.

00:04:20: Und Kameraden und Marsch, da dachte ich so, okay.

00:04:23: Kann ich gut verstehen.

00:04:25: Ja, witzigerweise, das kam nur deswegen auf,

00:04:28: weil du von seinem Erleben im Wald erzählt hast.

00:04:31: Ich dachte, ich warte mal, aber das ist ja weiterentwickelt.

00:04:35: Wie war jetzt wirklich sein Erleben?

00:04:38: Ich verstehe natürlich auch total, dass das eine ganz andere

00:04:41: Assoziation aufmacht und dann wiederum schwierig ist.

00:04:44: Okay, I got it.

00:04:46: Ja, sehr achtsam und sehr mitführend, finde ich das.

00:04:54: Erstaunlich.

00:04:56: Und ich musste daran denken, schon damals,

00:04:59: als wir folgende Folge aufgenommen haben.

00:05:02: Nummer 17.

00:05:05: Du hast mitgebracht Gloria Gaynor mit ihrem Song "I am what I am".

00:05:11: Ah, "I bang my own drum".

00:05:14: Ja, genau.

00:05:16: Wir sind hier im großen Trommeln.

00:05:18: Sie hat doch damals gesagt, damals bei uns in der Folge,

00:05:22: hast du Zitat mitgebracht aus diesem Disco-Klassiker,

00:05:25: "I bang my own drum, something it's noise, I think it's pretty,

00:05:29: I play my own drum".

00:05:31: Manche halten das für krach, ich finde es schön.

00:05:34: Und ich musste damals schon an dieses Henry David Thoreau,

00:05:38: Zitat denken, dass er auch eine Trommel am Start hat.

00:05:43: Bei mir kommt witzigerweise auch eine Inspiration.

00:05:48: Also ich muss auch an eine andere Folge denken,

00:05:50: nämlich das mit dem Kinderlied.

00:05:52: Wo es nicht ganz so explizit um diesen Rhythmus ging,

00:05:58: aber es ging um Schritt für Schritt, gehst du einen weiten Weg.

00:06:02: Und in meiner Wahrnehmung hat sich dann irgendwann so ein inneres Bild gezeigt von einem Rhythmus.

00:06:10: Und von diesem, dass die einzelnen Schritte irgendwann nicht mehr so stark

00:06:16: im Vordergrund der Wahrnehmung sind, sondern es dann um den Rhythmus geht.

00:06:20: Wenn man das geschafft hat, so eine Art meditativen Flow zu haben

00:06:24: mit den Dingen, die man tut, also im Machen zu bleiben

00:06:26: und in dieser Schwingung zu bleiben, dann ergibt sich ein Rhythmus,

00:06:30: der uns selbst eigen ist.

00:06:33: Und deswegen, wenn wir den halten, kommen wir weit.

00:06:37: Und jetzt finde ich gerade total spannend seine Gegenüberstellung davon,

00:06:44: dass es nämlich unterschiedliche Rhythmen gibt.

00:06:46: Jeder hat seinen eigenen Rhythmus.

00:06:48: Und es ist eigentlich unerheblich, ob es kleine Schritte sind,

00:06:53: die aber schnell sind oder kleine und langsame Schritte oder große weite Schritte.

00:06:59: Eigentlich geht es nur darum zu schauen, wie verbinde ich mich mit meinem eigenen inneren Rhythmus,

00:07:06: so dass es stimmig ist.

00:07:08: Und was ich auch wunderschön finde, du hast die Stelle oder er hat die Stelle da drin,

00:07:12: weil er einen anderen Trommler hört.

00:07:15: Jetzt ist natürlich die Frage, ah, okay, es geht beim Rhythmus,

00:07:22: des eigenen Schrits nicht um die eigene Fähigkeit, schnell oder langsam,

00:07:27: oder so zu gehen, sondern da gibt es auch noch einen Trommler.

00:07:30: Wird das das denn?

00:07:33: Ja, und für mich ist das irgendwie vielleicht gar nicht so ein personifizierter Trommler,

00:07:39: sondern ein innerer, tiefer eigener Rhythmus, der in uns klingt,

00:07:43: der eventuell mit etwas tieferem, größerem Verbunden ist

00:07:49: und der durch uns durchsprecht und uns in einem gewissen Rhythmus hält.

00:07:55: Und das finde ich wahnsinnig schön, von diesen Menschen zu hören,

00:08:02: dass er so achtsam nach draußen guckt und sagt,

00:08:05: jede Person hat seinen eigenen Rhythmus und lasst bloß jeden seinen eigenen Rhythmus finden und in dem gehen.

00:08:12: Also das finde ich schon sehr berührend, 1854.

00:08:18: Ganz groß.

00:08:19: Finde ich auch.

00:08:21: Das waren wahrscheinlich nicht die Zeiten, wo solche Gedanken besonders natürlich waren hervorzubringen,

00:08:27: deswegen finde ich das auch schon erstaunlich.

00:08:30: Aber es geht mir ganz genau so, also der Hinweis darauf, dass einfach wir alle da dieser eigene Trommel haben,

00:08:37: die vielleicht in uns gehört wird und jeder diesen Trommler hat,

00:08:42: aber daraus eben ein bestimmter Beat für uns entsteht

00:08:46: und jeder hat dann einen anderen Beat und jeder hört eine andere Trommel.

00:08:52: Das finde ich auch einfach total großartig.

00:08:55: Also ich finde, er ist absolut anschlussfähig mit New Work und Agila Arbeitsweise,

00:09:03: weg von dem wir alle müssen im Gleichschritt gehen hin zu dem jeder findet für sich

00:09:11: das eigene Tempo, die eigene Arbeitsweise und teilt, wie lange er für die kleinen Schritte braucht

00:09:17: und geht den eigenen Weg und zusammen ergibt es dann ein Gesamtergebnis.

00:09:23: Also ich würde ihn direkt mal einladen zum nächsten New Work-Event.

00:09:29: Der hätte wahrscheinlich einiges zu sagen.

00:09:32: Ich musste genau auch daran denken.

00:09:35: Die Vorstellung, dass jeder so arbeiten kann, dass es nach seinem eigenen Rhythmus passieren kann,

00:09:42: ist ein New Work-Gedanke.

00:09:45: Da gibt es dann ja auch zum Beispiel das Stichwort Talent vor Titel.

00:09:48: Also die Person darf das, die dafür besten geeignet ist und nicht die.

00:09:52: die die Formel dafür vorgesehen ist. Das ist ja so eine ganz moderne Idee von Führung, die glaube

00:09:59: ich auch gar nicht so einfach umzusetzen ist. Aber sie ist toll. Die Vorstellung, jeder kann nach

00:10:05: seinem Beat arbeiten und deswegen auch wahrscheinlich das allerbeste für sich hervorbringen. Ja und das

00:10:12: Zitat sagt dann eben, lasst ihn diesen Menschen, jeden Menschen, zu der Musik gehen, die er hört,

00:10:17: in welchem Takt und wiefern sie auch sei. Wir können das hier nicht eintakten gleichmäßig. Das ist

00:10:23: old-school. Jeder hat hier seinen Beat und kann sich danach entfalten. Mega. Ich finde das auch so

00:10:31: ein Hoffnungsschimmer, dass auch tatsächlich wohl immer schon das Menschen gab, die das wahrgenommen

00:10:37: haben. Ich muss gerade dann denken, ich habe, ich weiß nicht mehr, vielleicht vor 15 Jahren oder so,

00:10:43: in Mailand mal den Fridjof Bergmann getroffen, den Philosophen, eigentlich den Begründer von Newark,

00:10:48: der davon erzählte, wie in den 70er Jahren die Jugendlichen, die so perspektivlos, glaube in

00:10:55: Detroit oder so in den Autostädten in Amerika, sehr perspektivlos und ohne Idee, wie sie eigentlich

00:11:04: ihr Leben gestalten sollen, weil einfach eine wahnsinnige Arbeitslosigkeit herrschte, wie er die

00:11:09: dazu gebracht hat, einfach anzudocken zu diesem eigenen inneren Rhythmus und die dann in ihrer

00:11:17: Freizeit Urban Gardening angefangen haben zu betreiben und einfach ihrem inneren Ruf gefolgt

00:11:25: sind und da plötzlich ganz neue Perspektive aufgemacht haben und in eine eigene Selbstverantwortung

00:11:33: eigentlich gewachsen sind und eigene Projekte nach vorne gebracht haben. Und das ist so wunderschön zu

00:11:38: hören, dass Menschen, wenn sie gelassen werden und den Boden haben, wenn sie gesehen werden in

00:11:47: dem eigenen Bedürfnis überhaupt erstmal in diesen inneren Rhythmus zu kommen, dass in dem Moment

00:11:54: plötzlich was ganz Neues entstehen kann. Und dafür braucht man erstmal vor allem das unvoreingenommene

00:12:02: Interesse daran, wie denn der Beat und der Rhythmus und die Trommel von den anderen Menschen eigentlich

00:12:09: klingt und welche Art von Rhythmus denn das ist. Das bin ich sehr gespannt, wenn du im Gespräch bist

00:12:18: auch mal jemandem. Also immer den Raum geben für Präsenz der eigenen Trommel, das eigenen Rhythmus

00:12:26: ist. Also immer sagen, ich habe jetzt eine Idee, ich würde jetzt gerne mit dir sofort austauschen

00:12:30: und sofort irgendwas anfangen. Nee, ich kann meine Idee mit dir teilen, aber es ist ganz wichtig,

00:12:35: dass ich auch höre, was deine Idee ist, mit welchem Tempo, mit welchem Rhythmus bist du unterwegs.

00:12:40: Stichwort zuhören, Otto Schamer, der Begründer der Theorie You, bei dem du auch ausgebildet

00:12:48: wurdest, der sagte ja, Leadership, Führung ist vor allem erst einmal zuhören, gerade wieder gelesen.

00:12:56: Und das wiederum dieses ich interessiere mich dafür, wie dein Beat ist zunächst einmal und ich

00:13:04: erkenne den auch als deine Wirklichkeitskonstruktion an und lasse das unvoreingenommen stehen und

00:13:12: unbewertet. Das ist ja wiederum auch ein ganz großer Bestandteil von Konstruktivismus, in dem

00:13:17: Zusammenhang System Theorie, wie man anderen Menschen begegnet und dass wir uns eben jeder die

00:13:24: eigene Realität bauen und dass das nicht etwas ist, was es zu Begradigen oder ein zu Norden gilt,

00:13:32: sondern dass das einfach erst mal genau so stehen gelassen wird. All das geht eigentlich hier aus

00:13:38: diesem Zitater vor. Ja und dass der eigentlich die Aufgabe ist zu gucken, wo gibt es Resonanzräume

00:13:46: zwischen dein Beat und mein Beat, wo kann man einen Raum aufmachen, wo die beiden Rhythmen sich

00:13:55: vielleicht ergänzen und zusammen was größeres ergeben. Also ohne dass ich sage, du musst anders

00:14:01: laufen. Ich finde es auch sehr schön, wie er am Ende des Satzes noch sagt, lasst ihn zu der Musik gehen,

00:14:09: die er hört, in welchem Takt und wie fern sie auch sei. Da klingt für mich so was an, ja das würde

00:14:18: gut tun diesen Satz auch heute vielleicht in der aktuellen Rassismus-Diskussion immer näher

00:14:25: reinzuhorchen, weil dieses wie fern sie auch sei, das ist ja wirklich auch häufig unser Problem,

00:14:33: dass wenn der Rhythmus fern klingt, er auch häufig Angst macht oder es uns befremdet und wenn

00:14:42: etwas uns befremdet, dann wissen wir nicht, wie wir damit umgehen sollen und dann möchten wir,

00:14:47: dass das vielleicht gar nicht da ist. Das ist ein ganz großes Problem, was wir haben, weil die

00:14:54: Schönheit eigentlich in der Unterschiedlichkeit liegt und auch in dem Experimentieren mit

00:15:00: unterschiedlichen Rhythmen und vielleicht auch mit den abgefahrenen Resonanzräumen,

00:15:06: die sich ergeben können, wenn die unterschiedlichsten Rhythmen aufeinander treffen. Also da merke ich,

00:15:13: ja dann wird es doch gerade erst richtig spannend, wenn die ganz ganz weit auseinander liegenden

00:15:21: Rhythmen sich begegnen und da was Neues entsteht. Und dann unsere Trommeln und unsere Rhythmen

00:15:27: gemeinsam anfangen zu groove, bestenfalls. Und etwas entsteht, dass eben so alleine nur durch

00:15:33: meinen Rhythmus oder nur durch dein Rhythmus gar nicht hätte entstehen können. Und wo ich die

00:15:39: Verbindung auch saht zu Gloria Gaynor und diesen beiden Trommeln, in diesen beiden Zitaten,

00:15:44: ist das dieses Gloria Gaynor Ding "I bang my own drum" und finde meine Drum eben auch toll und es

00:15:50: geht erstmal darum, die wirklich toll zu finden. Das ist der Blick auf sich selbst und auch diese

00:15:56: eigene Trommeln, die eigene Rhythmus wahrzunehmen und denen wirklich auch erstmal "ja, ich darf

00:16:02: so sein, hier bin ich" und Henry David Thoreau, der macht ja diesen Blick auf andere und den Hinweis

00:16:11: darauf, genau, aha, jeder hat also eine Gloria Gaynor Drum am Laufen und jetzt schauen wir mal

00:16:20: von außen und nehmen uns gemeinsam wahr, das fand ich irgendwie eine coole Trommelverbindung.

00:16:24: Ja, ich finde es auch eine sehr, sehr schöne Geste. Also ich finde es auch sehr schön,

00:16:29: diese beiden Zitate gleichzeitig zu hören, dadurch, dass du da nochmal so den Querverweis

00:16:34: gemacht hast und spür auch diese innere Kraft von Gloria Gaynor, zu dem zu stehen,

00:16:42: wie sie gerade, in welchem Rhythmus sie auch immer gerade trommelt und mag aber auch gerade

00:16:49: diesen Raum, den er aufmacht, zu sagen, lass alle Trommeln so spielen, wie sie spielen. Also das hat

00:16:56: eine unglaublich weite öffnende Geste für mich, dieser Satz. Also so ein besonders einladend, je

00:17:04: weiter weg, desto interessanter und spannender und es hat auch was bisschen Mahnendes zu sagen,

00:17:11: egal wie weit und fern und andersartig es klingt, lass einfach jeden so spielen und gehen, wie er

00:17:20: möchte. Das finde ich schon eine sehr, sehr schöne Ergänzung, sehr aufmerksam, sehr, sehr

00:17:28: schön, muss ich sagen. Also es berührt mich richtig. Henry David Thoreau,

00:17:35: Zitat aus Walden oder das Leben in den Wäldern. Okay, dann natürlich die große Frage am Ende

00:17:43: unserer Folge. Wir fragen uns immer, was nehmen wir hier mit? Wie geht es dir?

00:17:47: Also ich muss sagen, ich nehme gerade wahr, dass ich so viel gleichzeitig mitnehme. Also ich nehme

00:17:57: wahr der Blick aus der Geschichte, dann die Moderne, der New Work. Also ich habe gerade ganz viele

00:18:04: Bilder im Kopf, die muss ich erst mal kurz sortieren. Was nimmst du mit? Ich finde auch,

00:18:09: wir hatten hier so viele spannende Aspekte von dem Zusammenspiel mit dem Gloria Gaynor Zitat und

00:18:16: der Gloria Gaynor Drum über Stichwort New Work und wie moderne Arbeit organisiert werden sollte

00:18:25: oder angegangen werden sollte und Führung und dieses Zitat versetzt mich in so eine gute Stimmung

00:18:32: in eine Neugierde, mit der ich rausgehen kann und Bock habe, die Drum und den Rhythmus von anderen

00:18:40: Menschen mir einfach erst mal neugierig anzuhören. Hey, wie groovest du? Und dann Austausch darüber

00:18:46: zu starten, wie ich groove und wie man vielleicht zusammentrummeln kann. Das ist irgendwie so ein

00:18:50: nettes Bild. Damit kann ich ganz viel anfangen. Ich finde auch das Thema Musik und Zusammenspiel

00:18:57: und auch Raum geben für einzelne Rhythmen, die eigen sind und vielleicht auf den ersten Blick

00:19:07: erst mal gar nicht reinpassen, aber mit neugierigem Blick diesen Rhythmen Raum zu geben, finde ich

00:19:12: wahnsinnig schön. Also ich bin dir super dankbar für dieses mega coole Zitat. Danke, dass du hier

00:19:19: gemeinsam mit mir trommeln, ein bisschen bedient hast. Super. Okay, dann war es das für heute.

00:19:30: Changeport free. Vielen Dank fürs Zutrauen. Danke euch. Bis dann. Tschau. Tschüss.

00:19:35: [Musik]

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